Hinter Türchen 11 versteckt sich eine tolle Geschichte, die von Banshees handelt. Aber nicht nur das, sondern fallen wir auch in eine Welt voll Mafia-Intrigen:
Goddess of Darkness and Shadows: Eine Liebe zwischen Licht und Dunkelheit
von Mara Schreiber
Die Banshee-Geschwister Tala und Javier haben ein Ziel: sich aus den grausamen Fängen ihrer Mafiafamilie befreien. Für die Flucht planen sie nicht nur einen Anschlag auf ihren machthungrigen Onkel, sondern auch auf sein dämonisches Kartell. Wäre da nur nicht Talas neuer, mysteriöser Leibwächter Joaquin, der Dinge über sie zu wissen scheint, die sie in Lebensgefahr bringen könnten. Während der Fluchtplan reift, ist es Joaquin, der Tala hilft, der dunklen Macht in ihr Einhalt zu gebieten. Auch wenn es zwischen ihnen knistert, darf Tala ihm nicht vertrauen. Und das zu Recht, wie sich herausstellt. Denn als sie mit Joaquins Hilfe lernt, die Dunkelheit zu kontrollieren, ist sie mehr denn je in tödlicher Gefahr …
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Ich setze mich in meinem Himmelbett auf, betrachte noch schläfrig das Licht der Morgensonne und lausche den Geräuschen des Urwaldes, der gleich an das Grundstück unserer herrschaftlichen Villa grenzt.
Für den Weihnachtsmorgen kann es kaum eine friedlichere Atmosphäre geben. Der seichte Wind spielt mit den Vorhängen an den bodentiefen Fenstern und das Vogelgezwitscher ist mit den unterschiedlichsten Tönen eine einzigartige Sinfonie.
Trotz dem unvergleichlichen Ausblick auf die Natur und dem Wissen, dass Weihnachten ist, ist es für mich ein Morgen wie jeder andere: Ein Leben im vergoldeten Käfig. Umgeben vom Protz der Superreichen, mit einem dumpfen Gefühl in meinen Magen und dem Wunsch, weit weg von hier zu sein.
Die Tage in meinem Leben wechseln sich ab – aus meinem Alltag, in dem ich erniedrigt und eingesperrt werde und aus den noch verhassteren Tagen, in denen ich mich hübsch einkleiden und meinem Onkel Don Antonio als Accessoire zu Festessen und Terminen begleiten muss, damit seine Geschäftspartner meine Schönheit bewundern und meinen erfolgreichen Onkel mit noch mehr Neid rühmen können.
Weihnachten ist für mich schon lange kein Fest der Freude mehr, da ich unter der Fuchtel des arglistigen Don Antonio erzogen wurde und man mich inzwischen nur als eine wunderschöne Puppe wahrnimmt, die perfekt nach dem Willen eines einflussreichen und erfolgreichen Mannes geformt wurde und auch danach handelt.
Don Antonio ist der Puppenspieler und ich reagiere, sobald er eine der Fäden anstupst.
Ein trügerisches Spiel.
Es fällt mir nicht schwer, meinem Onkel, seinen Geschäftspartnern, den Drogenbaronen, Geldwäschern und korrupten Politikern diese demütige, junge Frau vorzuspielen, während ich insgeheim einen Plan ausgeklügelt habe, um das Kartell zum Einsturz zu bringen und mit meiner Familie von hier zu fliehen.
Ebenfalls habe ich heimlich eine Firma gegründet und damit genug Geld angespart, um meiner Familie und mir in ferner Zukunft ein sorgloses Leben zu ermöglichen.
Dass ich ungeachtet meiner Erfahrungen nicht aufgegeben habe und stets für die Freiheit kämpfe, bedeutet jedoch nicht, dass mein Leben einfach ist und ich unbeschadet das Leben im goldenen Käfig überstehe.
Jeder Tag ist ein Kampf um das Überleben meiner Familie.
Ich gleite aus dem massiven Bett, durchquere mein palastähnliches Zimmer und schnappe mir das edle Kleid, was mein Onkel für das heutige Fest gekauft hat. Jegliches Kleidungsstück, das ich besitze, wurde von ihm prüfend ausgewählt. Dementsprechend bin ich immer sehr figurbetont, aber doch vornehm gekleidet, damit man mich ausgiebig betrachten kann. Genauso wie Don Antonio es wünscht.
Bevor ich im angrenzenden, luxuriösen Badezimmer verschwinden und mich für das Fest zurecht machen kann, wird die Tür zu meinem Zimmer aufgestoßen und der Blick meines Leibwächters trifft mich.
Joaquin.
Mein Herz rast, wie immer bei seinem Anblick.
Zu Beginn seiner Zeit hier im Anwesen geschah das aus Hass und Abscheu, weil Joaquin unwiderruflich in meine Privatsphäre eingedrungen ist und sich wissentlich durch meine Schutzmauern zu kämpfen versucht hat.
Nun sind nach all den Monaten ganz andere Gefühle der Grund, warum mein Herz bei dem Anblick meines Leibwächters verrücktspielt.
»Guten Morgen, Señorita«, schnurrt er wie immer gut gelaunt und mit einem schiefen Lächeln, das mir beinahe den Atem nimmt. Unter seiner Jacke kann ich den Schultergurt durchblitzen sehen, der zur Befestigung der beiden Pistolen ist, die ihm griffbereit links und rechts auf dem Rippenbogen hängen. Die Jeanshose, die er trägt, schmiegt sich perfekt an seine Beine und an seinen Hintern.
Tala!, ermahne ich mich selbst. Hör auf zu schmachten!
»Würdest du die Tage weiterhin mit einem guten Morgen begrüßen, wenn du in einem Gefängnis wie diesem Leben würdest?«, rutscht es mir anstelle einer Begrüßung hinaus, dabei ist sein Leben kaum besser als das meine. Wer einen Job als Leibwächter in den Kartellen antritt, tut das nur aus Verzweiflung, um nicht zu verhungern und seine Familie vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Schließlich ist die Todesrate unter den Leibwächtern eine der höchsten, die es in diesen Kreisen gibt.
Mit seinem selbstsicheren Auftreten hat er mich schon an seinem ersten Arbeitstag aus dem Konzept gebracht. So wie jetzt auch. Lässig lehnt er sich gegen den Türrahmen und verschränkt die Arme vor der Brust. Seine perlweißen Zähne blitzen auf, als er breit lächelt. »An den Tagen, an denen die Wärter nicht auftauchen, gewiss.«
Verunsichert knülle ich das Kleid zwischen meinen Händen zusammen. Mein Leibwächter ist die Sonne in der dunklen Welt des Menschen-, Drogen und Waffenhandels, die mich umgibt. Ich bin nur ein weiterer dunkler Fleck in dieser Welt und habe so viel Blut an meinen Händen kleben, dass ich den Bastarden in Nichts nachstehe. »Diese Gunst wurde mir nie zuteil«, lasse ich ihn mit einem bedeutungsvollen Blick auf seine Anwesenheit wissen, da er nur einer von vielen Wärtern ist, die mich Tag und Nacht im Blick behalten.
»Du weißt, ich bin einer von der bestechlichen Sorte«, neckt er und stößt sich von der Tür ab, nur um dann langsam auf mich zuzukommen. Seine unterwasserblauen Augen brennen sich in meine dunkelbraunen.
»Ach ja?«, hake ich nach und kämpfe innerlich gegen den Instinkt zurückzuweichen oder mich an seine Brust zu schmeißen und seinen unverwechselbaren Geruch zu inhalieren. »Womit könnte ich dem Nachkommen deiner Pflicht denn entgegenwirken?«
Joaquin nimmt mir das Kleid aus den Händen und wirft es achtlos auf das Bett. »Mit gutem Essen«, sagt er, als wäre die Antwort selbstverständlich, und ergreift meine Hand, um mich anschließend durch das Zimmer und dann die Treppen hinunterzuziehen.
»Aber das Fest -«, protestiere ich leise. Außerdem habe ich noch immer meine Schlafsachen an und bin barfuß.
»Fällt aus«, unterbricht er mich. »Dein Onkel muss zu einem Krisentreffen, weil ein ganzer Laster voll Betäubungsmittel wie vom Erdboden verschwunden ist.« Nur kurz wirft er mir einen schelmischen Blick über die Schulter zu. Bei solchen Vorfällen – die in letzter Zeit vermehrt auftreten – habe ich immer das Gefühl, dass Joaquin seine Finger mit im Spiel hat. Beweise dafür habe ich jedoch nicht. »Wir haben also den ganzen Tag frei.«
Ich bin zu verdutzt, um zu reagieren und lasse mich willenlos bis ins Erdgeschoss ziehen. Schon im Flur weht mir der Geruch von verschiedenen Gewürzen entgegen und als ich die offene Küche betrete, traue ich meinen Augen kaum.
Die mir liebsten Menschen sind anwesend. Alessio und mein Bruder Javier sitzen am großen Esstisch, betrinken sich mit Apfelwein und spielen ein Brettspiel, wobei jeder von ihnen hinterhältig grinsend schummelt. Großmama steht am Backofen und holt eine Ladung goldbrauner Plätzchen hervor, die sie summend auf der Arbeitsfläche abstellt, wo bereits ein weiteres Blech darauf wartet, in den warmen Ofen geschoben zu werden.
Großpapa steht an der marmorierten Kücheninsel, rührt einen Teig zusammen und beobachtet Großmama bei ihrer Arbeit. Seine Augen strahlen nach all den Jahren nur eins aus: Liebe.
»Du kannst mir beim Hauptgericht helfen«, meint Joaquin, bevor er sich zu meinen Großeltern gesellt und sich durch die Utensilien und Zutaten wühlt, die die Arbeitsplatte bedecken.
Der Moment fühlt sich unwirklich an. Dieses friedliche, sorglose Beisammensein, wo doch seit Jahren ein Damoklesschwert über unseren Köpfen hängt und uns Tag für Tag begleitet. Ein Damoklesschwert mit dem Namen Don Antonio Matias Espinoza – mein Onkel, der unser Leben zur Hölle macht und uns alle erniedrigt.
In dieser Villa gehen wir uns dank der Anwesenheit der vielen Leibwächter – die jegliche Regung und jedes Wort an meinen Onkel weitertragen – meistens aus dem Weg. Wenn wir zum Essen in der Küche zusammenfinden, dann sind wir alle demütig, still und zurückhaltend, solange Don Antonio anwesend ist.
So losgelöst wie heute habe ich meine Familie schon lange nicht gesehen. Mein Onkel ist nicht zugegen und auch kein Leibwächter – bis auf Joaquin, an dessen Anwesenheit ich mich so sehr gewöhnt habe, dass ich sie nie wieder missen will.
Ich atme tief die Gerüche ein, die sich in der Küche verteilen und gehe langsam zu Joaquin herüber. Er reicht mir eine Tasse mit Apfelwein und meine Großmama schiebt mir ein paar Plätzchen hinüber. Ich koste von beidem und gehe in dem Geschmack auf, da mein Onkel seit Jahren die Hand über meinen Ernährungsplan hält und ich kein Gewicht zulegen darf. Mein Essen ist immer fad, umso besser schmeckt das, was nun meinen Gaumen berührt.
»Das Rezept von deiner Mutter ist wunderbar«, ruft Großmama freudig in Joaquins Richtung aus. Mein Leibwächter gibt nur das stetig fröhliche Lächeln seiner perlweißen Zähne preis. Ganz so als wäre sein Leben von Sonnenschein und Heiterkeit geprägt, dabei hat er alles und jeden verloren, was er je geliebt hat. Seine Familie. Sein Leben. Ich weiß nicht, woher er nach allem, was er durchgemacht hat, diese Form von Lebenswillen und Fröhlichkeit hernimmt. Dafür bewundere ich ihn.
Ich wende mich von ihm ab, betrachte das in Leder gebundene Rezeptbuch, das auf der Arbeitsplatte liegt und unweigerlich von Joaquins Mutter stammen muss. Er hat von seiner Kindheit erzählt, wie er, seine Schwester und seine Mutter gekocht und gebacken haben und es oftmals in einer Mehlschlacht endete. Zu schnell hat dieses friedliche Familienleben ein Ende gefunden und es ist nichts mehr davon übrig. Bis auf die Erinnerungen und das Rezeptbuch.
Wenn ich mit meinem Plan, das Kartell zu stürzen, scheitern sollte, dann wird es mir genauso ergehen. Don Antonio wird meine Familie umbringen, wenn er auch nur den Hauch einer Ahnung davon bekommen sollte, was ich vorhabe. Mich würde er am Leben lassen, um mit der Schuld leben zu müssen und mich für den Rest meines Daseins zu quälen.
Ich werde jedoch nicht scheitern.
Ich bin Tala Flores Espinoza und alles andere als eine Puppe, die nach den Fäden ihres Puppenspielers tanzt. Ich bin die Rache für das Leid, das man mir und meiner Familie gebracht hat.
Und solange der Plan reift, bevor er in die Tat umgesetzt werden kann, genieße ich das Leben. Die klitzekleinen Momente, die mir das Leben schenkt. Die Zeit mit meiner Familie. Die Zeit mit Joaquin.
Zielgerichtet greife ich mit den Fingern in den Mehlsack und wische Joaquin danach einmal quer über die Wange, bis ein dicker Streifen des pudrigen Zeugs seine Haut und seinen Bart ziert. Verdutzt lässt er von den Zutaten ab, dreht sich zu mir um – besinnt auf Rache. Es vergeht ein Wimpernschlag bis seine Hand mein ganzes Gesicht bedeckt und es mit Mehl bestäubt.
Ich schlage die Hand fort und blinzele. Mehlstaub fällt von meinen Wimpern. So läuft das, wenn man mit einer kleiner Revenge rechnet und dann die volle Ladung abbekommt.
Joaquins Brust bebt vor unterdrücktem Lachen, dann erbarmt er sich und streicht mir vorsichtig den Großteil von den Augen und von den Wangen. Nach einer Weile habe ich das Gefühl, seine Hand will gar nicht mehr von meiner Haut weichen und ich bin sicher, dass sich unter der weißen Puderschicht meine Wangen röten.
Eine Strähne hat sich aus seinem Zopf gelöst und schmiegt sich sanft an seine mehlbehaftete Wange. Sein Teint und seine dunklen Haare passen perfekt zu den Tunneln aus Kirschholz, die seine Ohrläppchen zieren. Wie immer lugt die Spitze seiner Tätowierung am Halsausschnitt seines Hemdes hervor. Und ich bin verdammt, weil ich weiß, wie sich die Kalinga Tätowierungen unter seinen Klamotten perfekt an seinen wohlgeformten Körper schmiegen und seine Haut in ein Kunstwerk verwandeln.
Joaquins Blick verändert sich und ich schätze, der Ausdruck in meinen Augen ähnelt seinem. Mehr Bestätigung brauche ich nicht für unsere Gefühle zueinander.
In meiner Brust ist es warm. Das dumpfe Gefühl in meinem Magen ist verschwunden. Und während wir den Rest des Vormittags in der Küche kochen, backen, lachen, trinken und Spiele spielen, kreuzen sich immer wieder Joaquins und meine Blicke.
Das Lachen meiner Familie füllt den Weihnachtstag … die Unbeschwertheit, die Sorglosigkeit.
Das ist das beste Geschenk, das ich je bekommen habe.