Türchen 4

Schönen 2. Advent euch – heute mit dem neusten Werk von Saskia Stanner im Selfpublishing-Adventskalender:

Höllenflügel: Chroniken des Himmels 1

Als die Elfe Jasmin entgegen aller Erwartungen schwarze Flügel erhält, bricht für sie eine Welt zusammen. Schwarz ist die Farbe der Hölle und das lässt die Gesellschaft der Elfen Jasmin spüren. Verzweifelt geht sie mit dem Erzengel Gabriel einen folgenschweren Deal ein: Sie soll den Teufel ausspionieren und den immerwährenden Kampf zwischen Himmel und Hölle beenden. Im Training mit den Erzengeln zeigt sich, dass ihre Schwingen keine Laune der Natur sind. Doch die Seite des Lichts wird ihr zum Verhängnis, als sie Geheimnisse ergründet, die nicht für sie bestimmt sind. Und als Jasmin begreift, was hinter ihrer mysteriösen Familiengeschichte steckt, ist es vielleicht schon zu spät für die Elfe mit den Höllenflügeln.

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Wintersonnenwende im Elfenreich

von Saskia Stanner

Die weißen Berggipfel glitzerten leicht rötlich im Licht der untergehenden Sonne. Trotzdem konnte ich den Anblick nicht genießen. Zu groß war die Angst, dass mein Vater mich fallen ließ. Natürlich wusste ich, dass er das niemals aktiv tun würde, aber sowas konnte schnell passieren. Das Gefühl in meinen Finger hatte ich schon längst verloren. Stattdessen kamen sie mir eher wie Eiszapfen vor. Trotz der Handschuhe. Ich war so froh, nächstes Jahr endlich selbst fliegen zu können und nicht mehr die einzige Elfe in unserer Familie zu sein, die keine Flügel besaß.

Erleichtert atmete ich auf, als wir nach einer gefühlten Ewigkeit auf dem Dorfplatz landeten. Das Lagerfeuer in der Mitte brannte schon und spendete angenehme Wärme, die vor allem meinen Händen guttat. Verschiedene Düfte erfüllten gleichzeitig meine Nase. Fast schon zu süße kandierte Äpfel, die ich an einem Stand entdecken konnte. Unterschiedliche Kräuter, die an einem Hüttendach nicht weit entfernt von mir hingen. Nicht zu vergessen, das sanfte Prasseln des Feuers, das all das mit dem passenden Hintergrundgeräusch unterlegte.

Nachdem meine Finger wieder einigermaßen beweglich waren, drehte ich mich im Kreis und betrachtete die Hütten, die in jedem Jahr mehr wurden. Inzwischen waren nur noch die Zugänge zu den Straßen frei, sonst war der ganze Rand des Platzes besetzt. Essen, Trinken, selbstgemachte Kleinigkeiten – ich wusste gar nicht, zu welchem Stand ich als erstes wollte.

Meine Schwester Camille hakte sich bei mir unter. „Oh, Jasmin, ich kann mich gar nicht entscheiden, wo ich zuerst hin will. Lass uns schauen, was es dieses Jahr so zum entdecken gibt.“ Ihre Augen leuchteten und ich war mir sicher, dass es bei mir nicht anders war.

Wir ließen uns an den verschiedenen Auslagen entlang treiben. Seifen, handgenähte Topflappen und kleine Duftsäckchen, deren Geruch mich schon am Anfang eingefangen hatte – die Auswahl war riesig. Am liebsten hätte ich überall etwas probiert oder mitgenommen, aber da spielte mein Geldbeutel leider nicht mit.

Vor einem Stand blieb ich besonders lang stehen. Die Elfen dort verkauften kleine Schmuckstücke, die sie aus alten Gegenständen hergestellt hatten. Eine Kette mit einem gebogenen Löffel als Anhänger zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Eingebrannt in den Löffel war eine kleine Blume, die unglaublich filigran gearbeitet war. Präzise Linien teilten die verschiedenen Blätter ab. Behutsam fuhr ich mit dem Finger darüber. Ich spürte fast gar nicht, dass der Untergrund nicht flach war. „Das ist unglaublich“, flüsterte ich.

„Willst du es?“ Vor lauter Staunen hatte ich fast vergessen, dass Cammi neben mir stand.

„Nein, nein.“ Schnell schüttelte ich den Kopf. „Ich habe sowieso kein Geld mehr.“ Das hatte ich schon für eine Seife und etwas zu Essen ausgegeben.

Meine Schwester zog ihren Beutel mit den Münzen hervor. „Wie viel kostet diese Kette?“, wollte sie von der Frau am Stand wissen.

„Cammi, du …“

Mit einer Handbewegung brachte sie mich zum Schweigen. Stattdessen ließ sie sich den Preis nennen und bezahlte ohne Murren. Obwohl zehn Goldmünzen für eine Kette nicht gerade wenig waren.

„Die Menschen schenken sich an einem Tag im Winter immer etwas“, erklärte sie mir, nachdem wir ein paar Schritte von der Hütte weggetreten waren. „Wieso sollten wir das nicht auch tun? Frohe Wintersonnenwende, Jasmin.“

Sie trat hinter mich und legte mir die Kette um. Der Löffelteil hinterließ ein kaltes Gefühl auf meiner Brust, was aber zu meinem Erstaunen nicht unangenehm war. Anscheinend hatte ich mich schon genug aufgewärmt. „Danke.“ Hitze stieg mir in die Wangen. „Aber jetzt habe ich gar nichts für dich. Willst du dir …?“

„Das ist doch nicht nötig“, winkte Camille ab und hakte sich wieder bei mir unter. „Du bist noch Schülerin, während ich zum ersten Mal selbst festes Geld verdiene.“ Erst vor wenigen Monaten hatte sie ihre Arbeit in unserem Königspalast angetreten.

Wir machten uns auf den Weg zurück zu unseren Eltern, die mit Tassen voll heißem Nektar auf uns warteten. Es war inzwischen deutlich voller geworden, weswegen wir uns an einer Vielzahl von Flügeln vorbeischieben mussten. Alle Elfen hatten sich um das Lagerfeuer versammelt und eine kleine Musikgruppe stimmte ein Lied an, das die meisten mitsingen konnten. In der einen Hand mein Heißgetränk, den anderen Arm um meine Schwester gelegt, hatte ich das Gefühl, bereit zu sein für nächstes Jahr. Die Wärme in meinem Inneren kam nicht mehr nur von dem Feuer vor mir. Mein achtzehnter Geburtstag und die Beflügelung standen an – es konnte also nur gut werden.

Ende

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